„Wo ist die Zeit geblieben?“ – fragen sich Menschen immer wieder, besonders nach einem ganzen Jahr, wenn sie kurz vor Weihnachten die Geschenke besorgen. „Das Jahr ist so schnell vergangen“, sagen andere und können kaum verstehen, wo die Zeit geblieben ist. Sehr bekannt ist der Spruch vom Franz Beckenbauer „Ja, ist denn heut’ scho’ Weihnachten?“, der vor etwa 25 Jahren in einem Werbeclip in leicht bayerischem Akzent ertönte. Gefühlt ist es so, dass die Zeit rennt, ohne auf uns zu warten. Besonders dann, wenn wir sehr viel zu tun haben. In unserem Leben jagt oft ein Termin den nächsten, unsere To Do Liste treibt uns täglich zur Höchstleistung und wir fragen uns dann zurückblickend ernsthaft, wie es möglich ist, dass ein paar Monate einfach vergangen sind, ohne dass wir es wirklich gemerkt haben.
Es gibt in unserem Leben aber auch Momente, in denen die Zeit sehr langsam vorangeht. Wenn wir beispielsweise auf ein Ergebnis warten (sei es auf eine Diagnose, in der Hoffnung, dass alles gut wird, oder auf ein Ergebnis einer Prüfung oder einfach auf die Schadenregulierung eines Versicherers, weil der Kunde langsam ungeduldig wird). In solchen Augenblicken wünschen wir uns, dass die Zeit schneller voranschreitet.
Zeit scheint somit unterschiedliche Tempi zu haben, oder?
Aus der Physikperspektive stimmt es sogar. Das hat bereits Albert Einstein in seiner „Speziellen Relativitätstheorie“ (1905) postuliert. Für jemanden, der sich mit sehr hoher Geschwindigkeit (fast so schnell wie das Licht) bewegt, wird die Zeit langsamer vergehen als für jemanden, der stillsteht. Das nannte Einstein „Zeitdilatation“. Das Wort stammt aus der lateinischen Sprache und heißt „Ausdehnung“. Danach soll sich die Zeit ausdehnen, wenn wir sehr schnell sind. Das würde zu unserem Gefühl der „schnell vergehenden Zeit“ wiederum nicht ganz passen. Wenn wir uns schnell „bewegen“, also viele Sachen im Leben tun, empfinden wir, dass die Zeit schneller vergeht (und nicht langsamer). Einstein hat natürlich unsere physikalische Fortbewegung von A nach B gemeint, somit passt der Vergleich nicht ganz. Dennoch: wenn wir im Leben viele Dinge tun, könnten wir vielleicht doch bestätigen, dass sich die Zeit gefühlt „ausdehnt“, weil wir in der gleichen Zeit mehr Dinge geschafft haben, als Menschen, die sich in der Zeit eher ausgeruht (bspw. im Urlaub) und praktisch nicht viel getan haben.
Aber Zeit im normalen Leben (ohne dass wir uns mit der Lichtgeschwindigkeit bewegen) hat die gleiche Anzahl der Stunden pro Tag für uns alle und somit immer das gleiche Tempo. Wir erleben allerdings die Zeit unterschiedlich. Mal läuft unsere Zeit zu langsam und dann wiederum zu schnell. Aber wenn es nur an unserem Erleben oder vielleicht an unserer Wahrnehmung der Zeit liegt, so haben wir es offensichtlich in der Hand, das zu verändern, falls wir es wollen. Meistens besteht der Wunsch danach, mehr Zeit im Leben zu haben, oder? Besonders wenn wir uns abgehetzt fühlen und denken, dass wir gerne Aktivitäten umsetzen würden, wofür wir in der Hektik des Alltags eben „keine Zeit“ finden.
Was können wir tun, um „mehr Zeit“ im Leben zu haben?
Diese Frage kann unterschiedlich beantwortet werden. Wir können zum Beispiel unser Zeitmanagement jeden Tag optimieren, indem wir unsere Zeitpläne besser strukturieren, tolle digitale Excel-Listen oder andere „Tools“ wie das 20/80 Eisenhower-Prinzip nutzen, Prios setzen oder uns disziplinieren, um mehr von unseren tausend ToDos in der gleichen Zeit zu schaffen.
Wir können aber auch eine philosophische Perspektive einnehmen, um die Frage zu beantworten. Wir können uns ähnlich wie Einstein fragen, welche Eigenschaften für uns die Zeit besitzt. Wie können wir die Zeit anders sehen? Und was ist für uns das Wichtigste dabei, wenn wir „mehr Zeit“ im Leben haben möchten? Wofür wollen wir diese „Mehr Zeit“ haben?
Ich behaupte, dass die letzte Frage die wichtigste ist:
„Wofür möchte ich „mehr Zeit“ haben, um am Ende des Jahres (und irgendwann am Ende des Lebens) sagen zu dürfen, dass unser Leben nicht gefüllt, sondern erfüllt war.
Und das darf jede/r von Ihnen selbst entscheiden, denn es geht hier um eigene persönliche Werte und Ziele. Wenn wir im Leben Zeit finden, um das zu tun, was für uns wirklich zählt, was uns glücklich macht, dann werden wir am Ende des Jahres die vergangene Zeit nicht vermissen.
Egal wie Sie sich entscheiden, wünsche ich Ihnen vor allem, dass Sie bedacht und weise entscheiden, denn das Leben (wie es jemand klug formuliert hat) ist die Kunst der guten Entscheidungen. Und diese wünsche ich Ihnen vom Herzen und schenke Ihnen zu Weihnachten eine Geschichte „Die Uhrmacher und die Zeit“ (siehe unten).
Lassen Sie sich inspirieren und genießen Sie wunderbare Weihnachten mit viel Ruhe und der Magie der kleinen unvergesslichen Momente, in denen sich die Zeit gefühlt ausdehnt und wir den Augenblick einfach glücklich genießen!
Bleiben Sie dabei gesund, neugierig und bleiben Sie uns mit Ihrem Interesse an neuen Themen und Perspektiven stets erhalten.
Ludwika
Der Uhrmacher und die Zeit
In einem kleinen Dorf lebte der alte Uhrmacher Elias, der nicht nur Uhren reparierte, sondern auch die Zeit verstand. Kurz vor Weihnachten kam ein Mädchen namens Clara zu ihm und fragte: „Wie finde ich mehr Zeit? Meine Eltern sind so beschäftigt, dass sie keine Zeit für mich haben.“
Elias gab ihr eine silberne Taschenuhr mit der Gravur: „Zeit ist ein Geschenk.“ Er erklärte: „Diese Uhr zeigt dir, wie du Zeit anders sehen kannst.“
In der Nacht betrachtete Clara die Uhr, und plötzlich hörte sie eine Stimme. Die Zeit selbst sprach: „Ich bin in den Augenblicken verborgen – im Lachen, im Schnee, in einer Umarmung. Sag deinen Eltern, sie sollen mich nicht suchen, sondern spüren.“
Am nächsten Tag erzählte Clara ihren Eltern von der Uhr. Sie entschieden, die Arbeit ruhen zu lassen, und verbrachten den Weihnachtstag gemeinsam – mit Geschichten, Spielen und Zeit füreinander. Der Tag fühlte sich länger und erfüllter an als je zuvor.
Clara brachte die Uhr zurück zu Elias. „Es hat funktioniert“, sagte sie. Der Uhrmacher lächelte: „Die Uhr hat euch nur erinnert, dass die Zeit immer da ist – wenn man sie sieht.“
Seitdem feierte Claras Familie Weihnachten mit weniger Hektik und mehr Momenten, die wirklich zählten.
Und die wertvollste Botschaft der Geschichte?
Die Zeit, die wir suchen, steckt in den kleinen Momenten, die wir mit den Menschen teilen, die wir lieben. Weihnachten erinnert uns daran, innezuhalten und diese Augenblicke bewusst zu erleben.